Neben meinem Buch ist in der christlichen Medienlandschaft in diesem Jahr eine weitere Veröffentlichung über die Arche-Noah-Forschung erschienen. Der renommierte Archäologe und Bibellehrer Dr. Randall Price berichtete in mehreren Vorträgen in Deutschland über eine Expedition im Jahr 2012, an deren Ende wohl sogar Holzüberreste als Ergebnis von Bohrungen ins Gletschereis des Berges Ararat zutage traten. Wurden nun Spuren der Arche Noah gefunden, obwohl ich doch in meinem Buch die These vertrete, dass sie gar nicht auf dem Ararat gelandet sei, sondern auf dem 300 Kilometer südwestlich liegenden Berg Cudi? Sein Vortrag ist als DVD mit dem Titel »Wo steckt die Arche Noah?« im Betanien-Verlag erschienen.
Die Leser meines Buches wissen, dass ich den Vortrag bereits analysiert habe, und ich möchte den entsprechenden Abschnitt nun hier veröffentlichen, damit es jedem möglich ist, sich eine erste Meinung zu bilden, ohne mein Buch deswegen kaufen zu müssen.
Der Abschnitt über die Randall-Price-Expedition aus »Das Rätsel der Arche Noah«, S. 57f:
In seinem Report über die China-Arche berichtete Randall Price auch über die Expedition seines eigenen Teams »Ark Search LCC« unter der Leitung von Dr. Richard Bright: Mittels Bodenradar-Untersuchungen habe man eine große, offensichtlich von Menschen gemachte Struktur identifiziert, bei der es sich um Holz handeln könnte. Der Fundort liege auf 5100 Metern Höhe. Inzwischen hatte das Team einen tiefen Schacht ins Eis gegraben und soll sich nur noch wenig über der vermeintlichen Struktur befunden haben. Price war Anfang 2013 optimistisch: »Im fünften Jahr wird die Expedition mit einer Erkundungsbohrung beginnen, um die genaue Tiefe zu bestimmen, in der die Konstruktion liegt, und um Bohrproben zu erhalten, die dann untersucht werden können, um das Alter der Konstruktion zu ermitteln. Darauf folgt eine neue 3-D-geophysikalische Untersuchung, um den genauen Ausgrabungsplatz festzulegen und ausgehend von den bisher gesammelten Daten die Konstruktion auf Bildern so genau wie möglich darzustellen.« [1]
Wie Randall Price während eines Vortrages in Deutschland erzählte, konnten 2012 anhand von Daten, die über einen Spionagesatelliten gewonnen wurden, die genauen Stellen ermittelt werden, an denen die Forscher dann ins Eis gruben. Price zeigte Bilder von Holzsplittern, die einem Bohrkern entnommen wurden. Die Datierung eines der Splitter habe das 16. Jahrhundert n.Chr. ergeben. 2013 gab es wohl keine weiteren Ergebnisse. Der ausgehobene Schacht wurde nach dem langen Winter aufgefüllt vorgefunden. Ich halte Randall Price für einen ernsthaften Bibelwissenschaftler und schätze besonders seine biblisch fundierten Ausführungen über Israel. Doch per Handzeichnung weitergegebene Satelliteninformationen, in letzter Minute von Helfern aufgefundene Holzsplitter sowie sehr interpretationsbedürftige Radardaten lassen zumindest Raum für gewisse Zweifel an der Integrität aller Mitglieder des Forschungsteams und der Zuverlässigkeit der zugrunde liegenden Daten.
Randall Price jedenfalls hofft, dass das Auffinden der Arche ein wichtiger Hinweis sein könnte: »Heute ist diese ›Arche‹ Jesus Christus. Er ist der einzige Weg zur Erlösung und die einzige Möglichkeit, vor dem kommenden Gericht Gottes in Sicherheit gebracht zu werden.« [1]
Allerdings ist für mich fraglich, ob ein solcher Beweis für Skeptiker wirklich überzeugend wäre – heißt es doch in 2. Petrus 3,3 unter Hinweis auf das Ereignis der Sintflut (Vers 6), »dass in den letzten Tagen Spötter mit Spötterei kommen werden, die nach ihren eigenen Begierden wandeln«. Könnten die Menschen im Angesicht einer wahrhaften Arche aus dem Eis noch spotten? Vielleicht.
Soweit der Abschnitt aus meinem Buch.
Ergänzend möchte ich noch darauf hinweisen, dass Randall Price in seinen historischen Ausführungen sehr oberflächlich bleibt: Bei der Erwähnung der geografischen Angaben des Geschichtsschreiber Flavius Josephus weist er nicht darauf hin, dass sich »Armenien« vor 2000 Jahren viel weiter nach Süden erstreckt hat und nicht mit dem heutigen gleichnamigen Staat identisch war. Außerdem unterschlägt er Josephus' Hinweis auf seinen babylonischen Kollegen Berosus, der die Lage der Arche weiter präzisiert: »Es heißt, dass noch jetzt in Armenien auf dem Kordyäergebirge ein Teil jenes Fahrzeuges vorhanden sei, und dass manche Harz davon entnehmen, um sich desselben als Zaubermittel gegen drohende Übel zu bedienen.« [2] Das »Kordyäergebirge« deutet auf die Gegend hin, wo sich der Berg Cudi befindet.
Timo Roller
[1] Dr. Randall Price: »Auf der Suche nach der Arche Noah«, S. 25, in: Bibel-Center Aktuell 2/2013, S. 24ff
[2] Flavius Josephus: »Jüdische Altertümer«, 1. Buch, 3. Kapitel, Abschnitt 6