In drei Abschnitten möchte ich in den nächsten Tagen Teil VII meines Buches »Das Rätsel der Arche Noah« auch online veröffentlichen. Er behandelt die Frage, wie die Geschichte einer Arche, die auf dem Gipfel eines Berges landet, mit unseren Vorstellungen von Geologie und Erdgeschichte in Einklang zu bringen ist. In Besprechungen zu meinem Buch und Fragen an mich tauchen – verständlicherweise – immer wieder Fragen zu diesem Themenkomplex auf. Kapitel 30 bis 33 aus »Das Rätsel der Arche Noah« wurden neu strukturiert und leicht überarbeitet, entsprechen aber sonst dem Inhalt des Buches.
Viele Menschen tun sich heute sehr schwer mit der Geschichte von der Arche Noah. Passt die biblische Geschichte mit unserem heutigen Denken und Wissen zusammen? Ist die Erzählung von Noah und der Sintflut nicht nur ein uraltes Märchen?
Der Geowissenschaftler David R. Montgomery zeigt in seinem Buch »The Rocks Don‘t Lie« auf, wie Gelehrte zur Überzeugung gekommen sind, dass die Bibel nicht wörtlich zu nehmen sei. Zu Beginn seines Ausflugs in die Geologie-Geschichte führt er in die christlich geprägte Erforschung der Erdgeschichte ein und benennt die damalige Einstellung: Die wissenschaftliche Wahrheit könne eigentlich nur die biblische Wahrheit unterstützen, die geschaffene Welt könne nicht ihren Schöpfer widerlegen. [1] Eine Zuversicht, die mancher sich in der heutigen Zeit wünschen würde, die aber von der Wissenschaft nachhaltig erschüttert zu sein scheint.
Sein persönliches Fazit, das er aus den Erkenntnissen der Geologie und ihrer Geschichte zieht: »Das Vor-und-Zurück, das Hin-und-Her zwischen Wissenschaft und Religion im Lauf der Geschichte gleicht eher einem Tanz als einem Krieg […] Auch wenn wir die Erzählung nicht mehr wörtlich nehmen können – wir alle können von ihr lernen. Die Geschichte um die Flut-Geschichte zeigt, dass es für Wissenschaftler ebenso wichtig ist, in der Deutung neuer Daten flexibel zu sein, wie für Theologen, dass sie sich nicht auf unglaubwürdige Argumente stützen müssen – wie die Behauptung, dass die Felsen lügen.« [2]
Montgomery schlägt insgesamt versöhnliche Töne an: »Ich war mit der Ansicht der meisten Geologen angetreten und habe die Sintflut als ein Märchen angesehen – einen uralten Versuch, das Geheimnis zu lüften, wie Meeresfossilien auf hohen Berggipfeln landen konnten. Nun bin ich überzeugt worden, dass die Geschichte von Noahs Flut – und die vielen anderen Flutüberlieferungen – in der Wahrheit verwurzelt ist.« [3]
Der Kompromiss zwischen Glaube und Vernunft, den Montgomery anbietet, ist auf den ersten Blick eine gute Lösung: »Ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass es unmöglich ist zu sagen, ob die Sintflut auf die Schwarzmeer-Flut zurückgeht oder auf eine große mesopotamische Überschwemmung. Wie faszinierend auch jede dieser Ansichten klingen mag, sie bieten offensichtlich beide einleuchtende, vernünftige Erklärungen.« [4]
Auf den zweiten – genaueren – Blick eröffnet dieser Kompromiss aber viel mehr Fragen, als er zu lösen vorgibt. Der biblische Text scheint nämlich – vor allem in den ersten Kapiteln der Genesis – einer Kompatibilität mit der evolutionären Erd- und Menschheitsgeschichte wenig Spielraum zu geben. Wenn die Bibel davon erzählt, dass alle Quellen der großen Tiefe aufbrachen, die Fenster des Himmels sich öffneten (1. Mose 7,11) und das Wasser so sehr anschwoll, dass alle hohen Berge, die unter dem ganzen Himmel sind, bedeckt wurden (1. Mose 7,19), so lässt dies schon größere Dimensionen vermuten, als nur eine regionale Überschwemmung. Es werden gewaltige geologische Vorgänge beschrieben. [5]
Zudem ergibt sich das theologische Problem, ob Tod und Vergänglichkeit schon vor dem Sündenfall auf der Erde geherrscht haben können und daher Fossilien – Zeugnisse verendeter Lebenwesen – schon vor diesem in 1. Mose 3 geschilderten Ereignis abgelagert worden sind. [6]
Wenn man zudem annimmt, dass wirklich ein großes Schiff – die Arche – auf dem über 2000 Meter hohen Gipfel des Berges Cudi gestrandet war, so kann man leicht nachvollziehen, warum Friedrich Bender, der Geologe, der 1954 selbst auf dem Cudi-Gipfel war, ein Rätsel in dieser Geschichte sah, das zu lösen er nicht imstande war.
Bender hatte versucht, die archäologischen Funde Leonard Woolleys im südmesopotamischen Ur mit der Arche-Überlieferung in Einklang zu bringen. Zwar hat sich inzwischen herausgestellt, dass die von Woolley der biblischen Sintflut zugeordneten Lehmschichten nur eine sehr begrenzte lokale Ausdehnung haben, doch für Bender waren sie Ausgangspunkt seiner Untersuchungen. Er wollte herausfinden, ob die Überschwemmung Mesopotamiens mit der Überlieferung eines Schiffes auf der in etwa 1700 Meter hoch gelegenen Fundstelle [Nach seiner Kenntnis; in Wirklichkeit liegt sie auf ca. 1900 bis 2000 Meter.] in Einklang zu bringen war.
Seine Grundaussage, die er schon 1972 publizierte, war: »Die Höhenlage der Fundstelle mit 750 m über den Terrassenschottern der Ebene ist schwer erklärbar, wenn man den Fund tatsächlich als Schiffsreste ansehen will. Einige Beobachtungen deuten jedoch auf geologisch sehr junge tektonische Hebungsbewegungen im Gebiet des südlichen Taurus-Randes in der Südosttürkei.« [7] Seine geologischen Untersuchungen am Fuß der Cudi-Kette an einer starken »Randfalten-Südstörung« im Herbst 1988 ergaben gewisse Diskrepanzen zwischen der gesteinskundlichen Einordnung der Terrassenschotter ins Mittel- und Altquartär (nach seinen Angaben 300.000 bis 350.000 Jahre) und den C-14-Datierungen zwischen 675 und 13.950 Jahren.
Letztlich blieb das Rätsel für ihn ungelöst und in einem Brief, den er im Juli 1992 verfasste, schrieb Bender, dass ihn »die Geschichte nach 40 (!) Jahren noch immer beschäftigt«. [8]
Manfred Stephan hat sich in seinem Buch »Sintflut und Geologie« intensiv mit der Frage der erdgeschichtlichen Einordnung der biblischen Urgeschichte auseinandergesetzt. Das gewaltige Spannungsfeld zwischen Bibel und Geologie ist ihm bewusst: »Schöpfungsforschung steht vor der gewaltigen Aufgabe, die Fossilüberlieferung zumindest ab dem Kambrium in den zeitlichen Rahmen der Menschheitsgeschichte zu stellen und in diesem Rahmen zu deuten (etwa ab dem Kambrium beginnt die Überlieferung vielzelliger Tierfossilien).« [9]
Trotzdem hält er an den biblischen Aussagen fest, denn mit einer kurzen Erdgeschichte »können viele Geländedaten besser erklärt werden, während die gleichen Prozesse im Horizont der geologischen Tiefenzeit [10] fast unendlich langsam abgelaufen wären.« [11]
Vor einigen Jahren hat Stephan beispielsweise die Bildungsdauer des Nusplinger Plattenkalks thematisiert: Vor dem Zerfall der Weichteile von Ammoniten wurden diese schon durch weitere Kalkschichten bedeckt und sind fossil erhalten geblieben. Daraus ergeben sich hohe Sedimentationsraten, die für die Ablagerung des gesamten Nusplinger Plattenkalks »in einigen Jahrzehnten« [12] sprechen würden. Die Wissenschaftler nehmen stattdessen aber »schwer begründbare Größenordnungen von einigen zehntausend Jahren an«. [13] Hier wirken geologische Ereignisse im erdgeschichtlichen Denken künstlich aufgebläht.
Mit seinem Buch »20 Millionen Jahre geologischer Dauerstillstand?« liefert Manfred Stephan weitere überzeugende Beweisstücke gegen die Langzeitvorstellungen der Erdgeschichte und offenbart den hoffnungslosen Widerspruch zwischen evolutionistischer Annahme und tatsächlich in Stein gepresstem Zeugnis.
Sein am ausführlichsten behandeltes Beispiel sei kurz erläutert: Mitten in Deutschland (in Thüringen) gibt es eine Gesteinsformation, die die herkömmliche Darstellung der wissenschaftlichen Erdgeschichte in erhebliche Erklärungsnot bringt. Wie ist aus geologischer Sicht die sogenannte »Schmiedefeld-Formation« entstanden? Schon länger hat Manfred Stephan auf die Ausweglosigkeit der Erklärungen im Rahmen des konventionellen Modells der Erdgeschichte hingewiesen. In seiner 2012 veröffentlichten Arbeit widmet er sich in aller Ausführlichkeit dieser Fragestellung.
Die Schmiedefeld-Formation wird ins Ordovizium gestellt, ein geologisches System des Erdaltertums. Beginn und Ende der Formation konnten durch Leitfossilien eindeutig identifiziert werden und die Zeiten der jeweiligen Schichten wurden radiometrisch bestimmt. Die Schmiedefeld-Formation soll demnach im Laufe von 20 Millionen Jahren entstanden sein, im Zeitraum zwischen etwa 470 und 450 Millionen Jahren vor heute.
Allerdings ist die gesamte Formation nur maximal 40 Meter mächtig, an manchen Stellen sogar nur 50 Zentimeter. Für eine kontinuierliche Sedimentation über den angegebenen langen Zeitraum ist dies sehr wenig, zumal die Befunde der Sedimente auf eine schnelle Ablagerung schließen lassen. Zugleich gibt es keine Anzeichen von langzeitlichen Schichtlücken, in denen einige Jahrmillionen verborgen liegen könnten.
Aus diesem Grund kann Stephan im Titel seines Buches von einem »geologischen Dauerstillstand« sprechen, denn alle Befunde an der Formation sprechen für eine Entstehungsdauer der gesamten Schmiedefeld-Formation in der Größenordnung von einigen Jahrhunderten. Zu den radiometrisch ermittelten mehr als 20 Millionen Jahren ist dies eine Diskrepanz um den Faktor 100.000.
Manfred Stephan untersucht sehr präzise und ausführlich alle wissenschaftlichen Aspekte seiner Fragestellung: Er stellt fest, dass die Vergleichbarkeit der Sedimente für eine rasche Ablagerung spricht und dass es in der untersuchten Epoche keine Abtragung auf dem damaligen nahen Festland gab, die für die nötigen Sedimente gesorgt haben müsste. Auch tektonische Ereignisse sind im betreffenden Zeitraum im Ordovizium nicht nachzuweisen. Viel schlüssiger ist daher eine kurzzeitige Entstehung der Schmiedefeld-Formation, durch die sämtliche Widersprüche vermieden werden können. Diese Erkenntnis ist auch »eine ernsthafte Anfrage an die Isotopen-Datierung« [14] im Allgemeinen, der in der geologischen Arbeit eine große Bedeutung zugeschrieben wird.
Nicht nur der Schmiedefeld-Formation fehlen die geforderten Anzeichen für Jahrmillionenprozesse. Manfred Stephan stellt weitere Schichtabfolgen in Thüringen, Hessen und in Russland auf die Probe und gelangt überall zu der gleichen Erkenntnis: Die Geologie bietet an diesen Orten keinen Nachweis für langzeitliche Ereignisse. In seinem Buch fordert Stephan dazu auf, angesichts dieses »Ozeans der Anomalien« [15] die Theorie der langen Zeiträume zu überdenken.
Die Bausteine, die Manfred Stephan und die »Studiengemeinschaft Wort und Wissen« inzwischen in der Geologie zusammengetragen haben, rütteln an mehreren Säulen des evolutionistischen Erdgeschichtsmodells. Egal, welche Epoche der Geologie man betrachtet, stets deutet vieles auf kurzzeitige Ereignisse hin und auch Beobachtungen heutiger Katastrophen bestätigen dies. Beispiele sind der Vulkan Mount St. Helens im US-Bundesstaat Washington oder der Canyon Lake Gorge in Texas, wo im Jahr 2002 nach einem Dammbruch innerhalb von nur drei Tagen eine sieben Meter tiefe Schlucht in den Fels gegraben wurde.
Waren in der Vergangenheit wirklich Jahrmillionenprozesse für die Bildung der Oberfläche unserer Erde notwendig? Offensichtlich nicht. Vielleicht haben einige Jahrtausende genügt, die uns die Bibel zur Verfügung stellt, um die Erde so zu gestalten, wie wir sie heute kennen.
Zu Teil 2 dieses Beitrags: Eine archäologische oder geologische Lösung?
Timo Roller
[1] Siehe David R. Montgomery: »The Rocks Don‘t Lie«, S. 37.
[2] David R. Montgomery: »The Rocks Don‘t Lie«, S. 247.
[3] David R. Montgomery: »The Rocks Don‘t Lie«, S. 253.
[4] David R. Montgomery: »The Rocks Don‘t Lie«, S. 223.
[5] Siehe Timo Roller: »Das Rätsel der Arche Noah«, Kapitel 10.
[6] Siehe Timo Roller: »Das Rätsel der Arche Noah«, Anhang 1.
[7] Umschau 72 (1972) Heft 1, S. 20.
[8] Dieses Zitat stammt aus Benders persönlichen Unterlagen.
[9] Manfred Stephan: »Sintflut und Geologie« (2010), S. 27f.
[10] »Tiefenzeit« steht für die konventionelle Vorstellung von vielen Jahrmillionen.
[11] Manfred Stephan: »Sintflut und Geologie« (2010), S. 215.
[12] Manfred Stephan: »Sintflut und Geologie« (2010), S. 267.
[13] Manfred Stephan: »Sintflut und Geologie« (2010), S. 267.
[14] Manfred Stephan: »20 Millionen Jahre geologischer Dauerstillstand?«, Buchrückseite.
[15] Manfred Stephan: »20 Millionen Jahre geologischer Dauerstillstand?«, S. 229.