Babylons Helden

von Timo Roller

Vom Turm, der als Auflehnung gegen Gott gemeint war, sind heute nur noch Fundamente zu sehen – auch das Babylon-System der Zukunft wird fallen.

[Factum 7/2010; veröffentlicht am 5. Oktober 2010; erweiterte Version, zuletzt aktualisiert am 10.12.2010]

»Am Nachthimmel von Dubai erstrahlte das neu eröffnete höchste Gebäude der Welt in seiner ganzen Schönheit: 828 Meter hoch. Man kann einfach nicht vermeiden, bei diesen Bildern an den biblischen Turmbau zu Babel zu denken. Im ersten Buch Mose heißt es: Sie nahmen Ziegel aus Erde und machten Steine und sie nahmen Erdharz als Mörtel und sie sprachen: Lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen, dessen Spitze bis an den Himmel reicht, damit wir uns einen Namen machen. Inzwischen haben sich die Bautechniken etwas verändert, die Beweggründe für menschliche Gigantomanie sind aber geblieben. Dubai will sich in der Tat einen Namen machen, der jetzt auch noch so sehr strahlen muss, dass man vergisst, wie pleite dieser Wüstenstaat inzwischen ist.«

Claus Kleber nahm Bezug auf die Bibel, als er im »heute journal« am 4. Januar 2010 von der Einweihung des »Burdsch Chalifa« in den Vereinigten Arabischen Emiraten berichtete. Heute wie damals: der Mensch will sich einen Namen machen, möchte auftrumpfen gegenüber seinem Schöpfer. Diese Überheblichkeit scheint sich in der Tat wie ein roter Faden durch die Geschichte Babylons zu ziehen, wo einst das Vorbild des modernen Wolkenkratzers stand.

Von der antiken Metropole sind nur Ruinen übrig, die von 1899 an mühsam vom Wüstensand befreit wurden. Als Symbol für das Sündige, Verwerfliche und Gottlose war die Stadt aber über die Jahrhunderte hinweg in aller Munde und verkörpert noch heute den alten Streit: Mensch gegen Gott!

Es waren mächtige Helden Babylons, die gegen Gott rebelliert haben. Und heute sind es die Nachwehen des Babel-Bibel-Streits, die der Wissenschaft und der modernen Theologie das Vertrauen in die historische Glaubwürdigkeit der Heiligen Schrift entzogen haben. Dieser Beitrag soll im Licht der Bibel zeigen, wie sich die Auflehnung gegen Gott und sein Wort in der Geschichte Babylons manifestiert – von Anbeginn bis in die Endzeit.

Nimrods Turm

Das Selbstbewusstsein des Gründers von Babylon muss grenzenlos gewesen sein. Er war der erste, der sich nicht nur mit einer bestimmten Handlung, sondern mit seinem ganzen Wesen gegen Gott auflehnte und seine Zeitgenossen mit der von ihm selbst verkörperten Unabhängigkeit verführte. Er war es, der bedeutende Städte gründete und wahrscheinlich diesen Turm bauen ließ, der die Menschheit vor der vermeintlichen Willkür Gottes schützen sollte. Man nannte ihn nicht nur einen »gewaltigen Jäger vor dem Herrn« (1. Mose 10,9) und »Gewaltigen auf der Erde« (Vers 8, Elb.), sondern er wurde wahrscheinlich sogar zum Gott erhoben, der sich auf der oberen Plattform des Turms von Babel, in 90 Metern Höhe, ein Heiligtum errichten ließ. In diesem Heiligtum sollte er für Jahrhunderte verehrt werden als Marduk, Stadtgott Babylons und allmächtiger König – als Gott gewordener Gründer der Dynastie von Uruk und drittem nachflutlichen Herrscher, der in der sumerischen Königliste erwähnt wird. Er hieß Enmerkar oder – sein biblischer Name ist bekannter – Nimrod.

Kriegerisch: babylonischer König.

Zwar erwähnt die Bibel nicht direkt den »Ersten, der Macht gewann auf Erden« im Zusammenhang mit dem Turmbau, doch die Vermutung, dass Nimrod Initiator des imposanten Bauwerks war, liegt sehr nahe. Seine explizite Erwähnung und Bedeutung als Städtegründer wenige Jahrzehnte nach der Sintflut lassen Nimrods Einfluss innerhalb der damals noch überschaubaren Weltbevölkerung universal erscheinen. Wer sonst sollte als Erster gesagt haben: »Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen, dessen Spitze bis an den Himmel reiche, damit wir uns einen Namen machen; denn wir werden sonst zerstreut in alle Länder« (1. Mose 11,4)?

Der Geschichtsschreiber Flavius Josephus (ca. 37–100 n.Chr.) ist es, der Nimrod konkret und unmissverständlich als Bauherrn des babylonischen Turms anführt: »Zu dieser Verachtung und Verhöhnung Gottes verleitete sie Nimrod, der Enkel Hams, des Sohnes Noahs, denn er war kühn, und seiner Hände Kraft groß. Dieser überredete sie zu dem Wahn, nicht von Gott komme ihr Glück, sondern ihre eigene Tüchtigkeit sei die Ursache ihres Wohlstandes. Und allmählich verkehrte er sein Benehmen in Tyrannei, weil er die Menschen umso eher von Gott abzuwenden gedachte, wenn sie der eigenen Kraft hartnäckig vertrauten. Er wolle, sagte er, sich an Gott rächen, falls er mit erneuter Flut die Erde bedränge, und er wolle einen Turm bauen, so hoch, dass die Wasserflut ihn nicht übersteigen könne. So werde er für den Untergang einer Vorfahren Vergeltung üben. Die Menge pflichtete den Absichten Nimrods bereitwillig bei, da sie es für Feigheit hielt, Gott noch zu gehorchen. Und so machten sie sich an die Erbauung des Turmes, der bei unverdrossener Arbeit und den vielen Arbeitskräften schnell in die Höhe wuchs. Da er aber sehr breit war, fiel seine Höhe minder auf. Gebaut wurde er aus Ziegeln, die mit heißem Harz zusammengekittet waren zum Schutze gegen das andrängende Wasser.« (Jüdische Altertümer I,4,2+3)

Der Ägyptologe David Rohl zeigt in seinem Buch »Legend – the Genesis of Civilisation« spektakuläre Parallelen der Nimrod-Erzählung mit außerbiblischen Schriften auf. Er vermutet, dass »die ersten beiden legendären Könige der Uruk-I-Dynastie – Meskiagkasher und Enmerkar – mit den Helden gleichzusetzen sind, die in der Bibel als Kusch und Nimrod bekannt sind« (Legend, S. 210). In der Sumerischen Königsliste ist Enmerkar als Gründer der Stadt Uruk bekannt. Uruk entspricht der biblischen Stadt Erech, die nach der Bibel von Nimrod erbaut wurde. Interessant ist darüber hinaus eine frühsumerische Dichtung mit dem Titel »Enmerkar und der Herr von Aratta«: Eine der Thesen für die Lokalisierung Arattas geht davon aus, dass es sich um einen Vorläufer des Urartu-Staates handelt, der nördlich von Mesopotamien im Hochland gelegen ist – das biblische Land Ararat, von wo sich die Menschheit nach der Sintflut neu ausgebreitet hat (Vergleiche auch meine These, dass der Landeplatz der Arche auf dem Berg Cudi eben in dieser Gegend zu suchen ist – www.noahs-berg.de).

David Rohl nimmt dann Bezug auf den deutschen Historiker Werner Papke, der in seinem Buch »Die Sterne Babylons« die astrologischen Deutungen der Babylonier mit den biblischen Berichten vergleicht. Rohl schlussfolgert: »Die Projektion menschlicher Taten an die Himmelsphäre ist sehr charakteristisch für die antike Theologie. Menschen wurden zu Göttern und sind in die unsterblichen Sterne hineinverwandelt worden« (Legend, S. 205). Papke wird hierbei sehr konkret und sieht in Nimrod das historische Vorbild für die heidnischen Hauptgötter Jupiter, Zeus und Marduk: »Welchen Namen auch immer die Götter in den verschiedenen Nationen erhielten, sie alle gehen letztlich auf die chaldäischen Heiligen nach der Sintflut zurück. Der griechische Zeus ist darum mit dem römischen Jupiter identisch und dieser mit dem babylonischen Gott Marduk, denn alle drei sind letztlich ein und dieselbe Person: Nimrod, der Jäger von Uruk und Babylon! Deshalb kann Diodor den babylonischen Tempel-Turm »ein Heiligtum des Zeus« nennen, wenngleich die babylonische Zikkurat dem obersten Gott Babylons, Marduk, geweiht war, der als Herrscher von Babylon verehrt wurde« (Sterne Babylons, S. 223).

Ist der Städtegründer und Initiator des Turmbaus somit zu Marduk geworden, dem der Stufenturm in späterer Zeit geweiht war und dessen Heiligtum unter König Nebukadnezar ganz oben auf dem 90 Meter hohen Gebäude thronte? David Rohl und Werner Papke – für die konventionelle Wissenschaft zwei unbequeme Forscher – kommen beide zur Erkenntnis, dass sich Spuren des historischen Herrschers Nimrod in den Götter- und Heldengeschichten antiker Völker wiederfinden.

Peter van der Veen, Archäologe der »Studiengemeinschaft Wort und Wissen« hält es dagegen für »nicht unwahrscheinlich, dass der biblische Nimrod und der mesopotamische Gott Ninurta ein und dieselbe Person bezeichnen.« Diese Auslegung muss nicht im Gegensatz zu den vorherigen stehen, da bei den antiken Göttern Übereinstimmungen und Überschneidungen vorhanden sind und einige Götternamen auf dieselben Helden zurückgehen: Eine mesopotamische »Abstammungsliste der Götter« (Babylon Wahrheit, S. 188) listet 473 Götternamen auf und stammt bereits vom Anfang des 2. Jt. v. Chr. Eine »synkretistische Hymne an den Ruhm Marduks« aus derselben Zeit beschreibt, dass Marduk die Eigenschaften der anderen Hauptgötter in sich vereint, darunter »die des Kriegsgottes Ninurta«. Auf einer späteren Götterliste heißt es: »Ninurta ist Marduk (als Gott) der Stärke.«. Marduk vereint in seiner Person alle göttlichen Mächte, so die Erklärung im Ausstellungskatalog.

Zusammenfassend wird klar: Die Bedeutung Nimrod war so immens, dass er in späteren Generationen, ja in ganzen Kulturen, als Gott – sogar als einer der wichtigsten – verehrt worden ist. Es ist möglich, dass dies sein eigenes Bestreben war und dass sein Vorhaben, einen Turm bis in den Himmel zu bauen, eines der deutlichsten Zeichen dieses Vorhabens gewesen ist.

Die Umrisse des Turms sind heute noch in Babylon zu erkennen. Gibt man in »Google Earth« die Koordinaten 32.5362N, 44.4207E ein, zeigt das Programm aus der Vogelperspektive die Fundamente des Tempelturms und das vom an die Oberfläche gekommene Grundwasser erzeugte Grün. Der Turm Babylons war das Vorbild vieler anderer Stufentürme im Zweistromland, die viel älter als die ägyptischen Pyramiden sind. Der Turm ist nach biblischer Zeitrechnung in der Zeit zwischen Sintflut und Abraham gebaut worden – also im späten 4. oder im 3. Jahrtausend vor Christus. Schon bei König Sargon I. um etwa 2200 v. Chr. findet man den Hinweis auf einen heiligen Ort in Babel. Hammurabi baute den Turm um 1700 v. Chr. neu auf, Nebukadnezar renovierte und erweiterte ihn im 6. Jahrhundert v. Chr. Aus der hellenistischen Zeit (229 v. Chr.) sind uns die Maße des Turms überliefert: Demnach hatte er sieben Stockwerke und war jeweils 90 Meter breit, lang und hoch. 478 v. Chr. zerstörte der persische Herrscher Xerxes den Turm teilweise. Die Geschichte des Monuments endet mit Alexander dem Großen, der die Ruinen des Bauwerks 323 v. Chr. abreißen ließ, um es danach wieder neu zu errichten. Doch dazu kam es nie; Alexander starb nach zahlreichen Eroberungen bereits in jungen Jahren. Danach bediente man sich der Ziegel als Baumaterial und trug die Ruinen bis auf die Fundamente ab. 1971 erklärte die irakische Regierung, den Turm wieder aufbauen zu wollen. Doch auch Saddam Hussein konnte diesen Vorsatz nicht verwirklichen.

Der durch den Turmbau zum Ausdruck gebrachten Überheblichkeit setzte Gott durch die Sprachenverwirrung ein Ende. Die Historizität eines solchen übernatürlichen Eingriffs wird natürlich von der heutigen Wissenschaft abgelehnt und von Theologen höchstens noch symbolisch interpretiert. Roger Liebi zeigt in seinem Buch »Herkunft und Entwicklung der Sprachen« jedoch, dass die Sprachen der Welt sich grundlegend voneinander unterscheiden. Und: »Die ältesten bekannten Sprachen der Welt sind extrem komplex und besitzen keinen Hauch von Primitivität.« Sie sind »von Anfang an voll entwickelt«. (S. 272). Diese Beobachtungen widersprechen der Annahme, die Sprachen hätten sich aus einer primitiven Lautsprache (S. 92) heraus entwickelt. Viel eher sei möglich, dass sich »infolge der Sprachenverwirrung eine ganze Reihe von Gründerpopulationen« abspalteten, aus denen sich die unterschiedlichen Menschenrassen und Sprachstämme bildeten.« (S. 132)

Nebukadnezar – zwischen Wahn und Glaube

Die ausgegrabenen Ruinen und die teilweise rekonstruierten Gebäude zeigen die Stadt des neubabylonischen Weltherrschers Nebukadnezar II. Wir erkennen also die Überreste des Babylons der jüdischen Gefangenschaft im 6. Jahrhundert v. Chr. In der sogenannten »Südburg« des Palastes von Nebukadnezar und seinem Nachfolger Belsazar befindet sich der Thronsaal (Koordinaten 32.5418N, 44.4210E) von dem im Buch Daniel die Rede ist: »Im gleichen Augenblick gingen hervor Finger wie von einer Menschenhand, die schrieben gegenüber dem Leuchter auf die getünchte Wand in dem königlichen Saal.« (Daniel 5,5)

Die Südburg wurde in den Jahren 1900 bis 1906 von deutschen Archäologen unter Robert Koldewey freigelegt, dazu eine imposante Prozessionsstraße und das Ischtar-Tor, das sich heute im Pergamonmuseum in Berlin befindet. Saddam Hussein hat auf den Ruinen der Südburg den babylonischen Palast neu errichtet – und stellte sich damit in die Herrscherlinie Nebukadnezars.

Durch die Grabungen wurde auch die mächtige Struktur der Stadtmauer ersichtlich: Der doppelte Mauerring um die Innenstadt bestand aus einer 3,25 Meter dicken äußeren und einer 6,50 Meter dicken inneren Mauer. Die äußere Stadtmauer war fast 5 Kilometer lang und bestand aus einer dreifachen Sicherung: ein Wassergraben, der mit einer Böschungsmauer gesichert war, eine 8 Meter starke Mauer aus gebrannten und im Abstand von 12 Metern noch eine 7 Meter starke Mauer aus Lehmziegeln. Es wird vermutet, dass dieser Abstand noch bis zur Höhe der Mauern aufgefüllt war und die gesamte Wehranlage somit fast 27 Meter dick war – Nebukadnezars Babylon war eine nahezu uneinnehmbare Festung!

Nebukadnezar hat in den Städten Babyloniens zahlreiche Tempel, Paläste und Befestigungsmauern errichten lassen und ging so als großer Bauherr in die Geschichte ein. Er war aber auch ein bedeutender Heerführer und sein erster Feldzug gegen Jerusalem fand schon vor seiner Thronbesteigung statt.

Geherrscht hat Nebukadnezar II. von 605 bis 562 v Chr. Nach der Eroberung Assyriens durch seinen Vater regierte er ein mächtiges Reich und führte erfolgreich Kriege gegen Ägypten und Juda. 587 v. Chr. belagerte er Jerusalem, führte die Juden in die babylonische Gefangenschaft und zerstörte den Tempel Gottes.

Traumatisch für die Juden: die Eroberung Jerusalems.

Das Exil sollte für das jüdische Volk ein traumatisches und prägendes Ereignis werden. Psalm 137 hält die Stimmung fest: »An den Wassern zu Babel saßen wir und weinten, wenn wir an Zion gedachten« (Vers 1). Die bibelkritische Theologie unterstellt der Bibel und dem Glauben an den Gott Israels insgesamt, erst in dieser Zeit entstanden zu sein und Motive aus der babylonischen Weltsicht vereinnahmt zu haben. Beispielsweise wird der Sintflut-Bericht auf das Gilgamesch-Epos zurückgeführt. Babel oder Bibel – was war vorher da?

Das Buch Daniel berichtet uns einige interessante Details aus dem Leben Nebukadnezars: Seine Träume von der Zukunft seines Reiches, die ihm vom Propheten Daniel ausgelegt wurden, den er an seinem Hof ausbilden lassen hatte. Oder seinen Stolz und Größenwahn, den Gott mit einer Geisteskrankheit bestrafte. Nach der biblischen Überlieferung lobte Nebukadnezar den Gott Israels, als er wieder gesund geworden war. Hier schreibt die Bibel sogar aus Nebukadnezars Perspektive in der Ich-Form und so erklingt das Lob aus seinem Mund: »Nach dieser Zeit hob ich, Nebukadnezar, meine Augen auf zum Himmel, und mein Verstand kam mir wieder und ich lobte den Höchsten. Ich pries und ehrte den, der ewig lebt, dessen Gewalt ewig ist und dessen Reich für und für währt, gegen den alle, die auf Erden wohnen, für nichts zu rechnen sind. Er macht's, wie er will, mit den Mächten im Himmel und mit denen, die auf Erden wohnen. Und niemand kann seiner Hand wehren noch zu ihm sagen: Was machst du? Zur selben Zeit kehrte mein Verstand zu mir zurück, und meine Herrlichkeit und mein Glanz kamen wieder an mich zur Ehre meines Königreichs. Und meine Räte und Mächtigen suchten mich auf, und ich wurde wieder über mein Königreich eingesetzt und gewann noch größere Herrlichkeit. Darum lobe, ehre und preise ich, Nebukadnezar, den König des Himmels; denn all sein Tun ist Wahrheit, und seine Wege sind recht, und wer stolz ist, den kann er demütigen.« (Daniel 4,31–34)

Alexander der Größenwahnsinnige

Was musste es für einen Eindruck auf Alexander den Großen (356 bis 323 v. Chr.) gemacht haben, als er in Jerusalem eine Prophezeiung las, in der er sich selbst wiedererkannte! Nach seiner Machtübernahme im Alter von 20 Jahren stemmte er sich dem persischen Weltreich entgegen und schaffte es, den mächtigen König Darius in die Flucht zu schlagen. Der kluge Stratege Alexander machte sich dann daran, die unter persischer Hoheit stehenden Küstenstädte am Mittelmeer einzunehmen. Tyrus und Gaza leisteten Widerstand, doch nach einigen Monaten Belagerung konnte er sie einnehmen. Grausam bestrafte Alexander diejenigen, die sich ihm widersetzten: In Tyrus kreuzigte er 2000 Männer, alle anderen waren bereits zuvor bei der Eroberung niedergemetzelt worden! Frauen und Kinder verkaufte er in die Sklaverei. In der unglaublich kurzen Zeit von etwas mehr als zehn Jahren nahm er fast die ganze damals bekannte Welt ein. Nach dem Einmarsch in Ägypten wurde er zum Pharao.

Gnädig war Alexander jenen gegenüber, die seine Herrschaft freiwillig annahmen. Sein Einzug in Jerusalem war friedlich und er zeigte den Juden und dem Gott Israel höchsten Respekt: Alexander »stieg zum Tempel hinauf, opferte Gott nach des Hohepriesters Anweisung und erwies diesem wie den Priestern die höchsten Ehrenbezeugungen.

Als man ihm nun das Buch Daniel zeigte, in welchem vorausgesagt war, ein Grieche werde der Perser Reich zerstören, hielt er sich selbst für diesen Griechen und entließ voll Freude das Volk« (Josephus XI, 8,5). Tatsächlich erfüllte Alexander zuvor ohne sein Wissen die 200 Jahre zuvor niedergeschriebene Vision Daniels vom Widder und Ziegenbock. In Daniel 8,21 ist der »König von Griechenland« erwähnt.

Alexander erlaubte den Juden großzügig, nach ihren Geboten zu leben und warb viele für seinen weiteren Feldzug an.

Etwa ein Jahr später, im Oktober 331 v. Chr., besiegte Alexander in der Schlacht von Gaugamela das übermächtige persische Heer und danach durch das Ischtar-Tor nach Babylon ein, wo er sich zum »König von Asien« ausrufen ließ. Im Film »Alexander« von Oliver Stone wird dieses Ereignis eindrucksvoll in Szene gesetzt und der Erzähler spricht: »In diesem ruhmreichen Augenblick der Geschichte wurde Alexander von allen geliebt. Doch letzten Endes, so glaube ich, war Babylon eine Geliebte, die einfacher zu gewinnen als zu verlassen war.«

Alexander war der Magie, dem Reichtum und dem Prunk Babylons verfallen. Zwar zog er weiter und setzte seine Eroberungszüge bis nach Indien fort, doch zuletzt kehrte er mit erschöpften und zermürbten Streitkräften nach hierher zurück. Dies war seine Stadt: Er wollte sie zum Zentrum seines Weltreichs machen und den babylonischen Turm neu errichten. Die schon vorher halb zerstörte Ruine der des Stufentempels ließ er einebnen, um den Turm von Grund auf neu zu errichten. Doch dazu kam es nicht – Alexander starb mit knapp 33 Jahren an einem Fieber oder Malaria. Sein Babylon, dessen Wahn ihn buchstäblich infiziert hatte, zerfiel. Nie wieder konnte die Stadt ihren Ruhm wiedererlangen.

Das erste Buch der Makkabäer zieht ein nüchternes Fazit über das Leben Alexander des Großen: »Alexander, der Sohn Philipps, König von Mazedonien, der zuerst über Griechenland herrschte, ist aus dem Lande Kittim ausgezogen und hat Darius, den König der Perser und Meder, geschlagen. Er hat viele Kriege geführt, befestigte Städte erobert und die andern Könige der Erde umgebracht und ist immer weiter gezogen bis an die Enden der Erde und hat Beute bei vielen Völkern gemacht; aber die Erde musste still sein vor ihm. Er brachte eine gewaltige Heeresmacht zusammen, und sein Herz wurde hochmütig. Denn er hatte alle Länder und Königreiche eingenommen, und sie mussten ihm Tribut zahlen. Als er aber krank wurde und merkte, dass er sterben würde, rief er seine Fürsten zu sich, die mit ihm von Jugend auf erzogen worden waren, und teilte sein Reich noch zu Lebzeiten unter sie auf. Darauf ist Alexander gestorben, nachdem er zwölf Jahre regiert hatte.« (1. Makkabäer 1,1–8)

Saddam Hussein – Nebukadnezars Erbe?

2300 Jahre nach Alexander herrschte Saddam Hussein über Babylon, besser gesagt über den Staat, auf dessen Gebiet sich die alten Ruinen befinden. Bald nach seiner Machtübernahme im Juli 1979 ließ er sich »unersetzlicher Führer« nennen und sah sich als Nachfolger Nebukadnezars II. Dies unterstrich er durch seine umfangreichen Restaurierungsarbeiten an den Ruinen aus neubabylonischer Zeit. Er ließ nicht nur die Mauern der Südburg in Babylon neu errichten, direkt neben dem Palast seines »Vorgängers« baute er sich selbst einen Palast auf einem eigens aufgeschütteten Hügel.

Neben seinem uneingeschränkten Machtanspruch und seinem Größenwahn hatte er noch eine weitere Gemeinsamkeit mit Nebukadnezar: den Kampf gegen Israel. 39 Raketen wurden im Golfkrieg 1991 vom Irak aus auf Israel abgeschossen. Die Schäden waren verhältnismäßig gering, was von vielen Israelis und von christlichen Israelfreunden auf Gottes Bewahrung zurückgeführt wird. Keine der Raketen hatte entgegen der Befürchtungen chemische Sprengköpfe. Ein Militärsender soll bei der Entwarnung nach einem Angriff durchgegeben haben: »Der Beschützer Israels schläft und schlummert nicht.« (Psalm 121,4). Interessant zu wissen: auch eine clevere Desinformationsstrategie hat mit dazu beigetragen, größere Schäden von der Bevölkerung abzuwenden. So wurden die Einschlagsstellen in den israelischen Medien falsch angegeben, damit die nach diesen Angaben durchgeführten Korrekturen der Iraker am Kurs ihrer Scudraketen erst recht zum Verfehlen der Ziele führten.

Das Ende der 24-jährigen Herrschaft Saddams, den Alexander Schwabe im »Spiegel« als »Barbar von Bagdad« und als »Ausgeburt des Bösen« bezeichnete (30. Dez. 2006), führte schließlich der amerikanische Präsident George W. Bush herbei: Die USA warfen dem Irak vor, Massenvernichtungswaffen herzustellen und die terroristische Organisation Al-Qaida zu unterstützen. Nachdem Saddam Hussein ein Ultimatum der Amerikaner verstreichen ließ, rückten die Streitkräfte der USA, Großbritanniens und weiterer verbündeter Staaten in den Irak ein.

Während des Irakkriegs nahmen amerikanische Soldaten Saddam Hussein am 13. Dezember 2003 in einem kleinen Dorf nahe seiner Heimatstadt Tikrit gefangen. Nach der Verurteilung wurde er am 30. Dezember 2006 im Irak erhängt. Die von ihm begangenen Grausamkeiten stellen ihn in eine Reihe mit den Schreckensherrschern des 20. Jahrhunderts wie Hitler oder Stalin: die Kurden im Norden des Landes ermordete er mit Giftgas, politische Gegner, auch aus seiner eigenen Verwandtschaft, hat Hussein persönlich hingerichtet.

In Deutschland war George W. Bush sehr unbeliebt und sein »göttlicher Anspruch« für seinen Kreuzzug traf auch in christlichen Kreisen auf Unverständnis. Und doch wurde durch ihn, der sich als wiedergeborener Christ bezeichnet und z.B. Abtreibung entschieden ablehnt, ein bedeutender Schlag gegen den Herrscher eines neuen Babylons getan. Vielleicht wird sich eines Tages herausstellen, dass dies in Gottes Heilsgeschichte ein bedeutendes Ereignis war. Oder aber er war auch nur ein weiterer Machthaber über Babylon, dessen Taten nur zur eigenen Ehre gedient haben sollten.

Der deutsch-israelische Journalist Ludwig Schneider behauptet bezüglich der Folgen, die aus der Eroberung des Irak hervorgehen könnten: »Wie bereits offiziell von UNO-Quellen bestätigt, soll dort, wo früher Babylon war, das zukünftige UNO-Hauptquartier und der Sitz aller Weltreligionen entstehen.« Darin erkennt er eine Erfüllung von Gottes Wort, das der Antichrist von Babylon aus die Welt verwirren wird.

Auf der Internetseite »News that matters« (http://ivarfjeld.wordpress.com/2010/04/05/the-un-and-islam-is-rebuilding-babylon/) wird der Errichtung eines US-Luftwaffenstützpunktes in Babylon eine besondere Bedeutung beigemessen: Würde es zum Krieg gegen den Iran kommen, müssten dessen Streitkräfte die Basis in Babylon bombardieren, die nahe an der Grenze liegt. Damit würden sie unfreiwillig die biblische Ankündigung der endgültigen Zerstörung Babylons erfüllen und damit gleichzeitig ihre eigenen Prophezeiungen zunichte machen: Nach dem islamischen Kult, dem Achmadinedschad anhängt, muss nämlich vor der Ankunft des 12. Iman als Retter der Welt, Babylon wiederaufgebaut und Israel zerstört werden.

Babel gegen Bibel

Mit seinen Vorträgen und der darauf erschienenen Schrift »Babel und Bibel« initiierte der deutsche Assyrologe Friedrich Delitzsch (1850–1922) den sprichwörtlichen Streit zwischen der Wissenschaft und Gottes Wort. Im Laufe seines Lebens entwickelte er eine äußerst kritische Haltung gegenüber dem Alten Testament und forderte sogar, es aus dem christlichen Kanon zu streichen. Damit einher gingen deutliche antisemitische Äußerungen und er war stark an damals entstehenden Polemik als Grundlage für den später vernichtenden Judenhass in Deutschland beteiligt.

Mit Sätzen wie den folgenden hat er der modernen Bibelkritik den Weg bereitet mit einer »immer klareren Erkenntnis sehr verschiedenartiger Quellenschriften, aus denen die fünf Bücher Mose zusammengestellt sind. Es sind das Thatsachen, die wissenschaftlich unerschütterlich feststehen, mag man gleich diesseits wie jenseits des Ozeans die Augen noch gewaltsam dagegen verschliessen. […] aber mit der Zeit wird schon Licht werden.« (Babel und Bibel 1902, S. 32)

Zwar weisen seine »Jünger« in heutiger Zeit mit Sicherheit zumeist alle antisemitische Ansichten von sich, doch das Antibiblische aus seinem Werk hat sich erhalten und bestimmt heute die Wissenschaft und auch die Theologie. Kaum jemand hält die biblischen Überlieferungen für historisch zuverlässig, was auch dem Ausstellungskatalog einer bedeutenden Ausstellung zu entnehmen ist, die 2008 in Berlin stattgefunden hat: Unter dem Titel »Babylon – Mythos und Wahrheit« präsentierte die aufwendige und informative Ausstellung die Erkenntnisse aus mehr als 100 Jahren archäologischer Forschung in der sagenumwobenen Metropole. Doch nicht nur im leisen, aber eindrücklichen »babylonischen« Sprachengewirr der großen Anzahl an Besuchern, die sich mit einem Audioguide ausgerüstet durch die Massen schoben zeigte sich, dass sich der Charakter der Stadt hier wortwörtlich manifestierte: Auch die deutlich spürbare Bemühung, die Glaubwürdigkeit der Bibel zu untergraben, zeigte sich überdeutlich. Die Wissenschaft hat heute die Rolle einstiger Gewaltherrscher und hartnäckiger Gegner Gottes übernommen. Das Ziel ist gleichgeblieben: die Bibel und Gott selbst in die Bedeutungslosigkeit zu drängen.

»Es geschieht nichts Neues unter der Sonne« (Prediger 1,9) – wie früher die Erbauer des großen Turms wollen die Menschen heute mit einer materialistischen Wissenschaft Gott die Stirn bieten. Wieder und wieder will sich das Geschöpf über seinen Schöpfer erheben.

In der Dokumentation zur Berliner Ausstellung spielt die Bibel nur die Rolle des längst widerlegten Miesepeters. Hier soll die Geschichte Babylons im Licht der Heiligen Schrift betrachtet werden, um zu sehen, worin Mythos und Wahrheit tatsächlich begründet liegen und wie scheinbare Widersprüche zwischen biblischer Überlieferung und archäologischen Erkenntnissen gelöst werden können. Und es wird aufgezeigt, wie sich die Überheblichkeit der Helden Babylons in das biblische Bild des Menschen einfügt, der von Natur aus ein Sünder ist und sich auflehnt gegen Gott.

Die Gottesfeindschaft der Wissenschaft tarnt sich mit zahlreichen Formulierungen wie »vermeintlich« und »historisch nicht belegt«. Der Gipfel der Irreführung ist in einem Artikel über Nebukadnezar zu finden (Mythos, S. 45): »Oftmals fälschlich mit Nimrod gleichgesetzt, nennt ihn [also Nebukadnezar] die Bibel einen »gewaltigen Jäger vor dem Herrn« (Gen 10,9).« Diese Behauptung ist frei aus der Luft gegriffen. Diese Gleichsetzung findet man nirgends in der Bibel, doch Menschen, die sich in der Bibel kaum auskennen, nehmen diese Aussage für bare Münze und sehen sich in ihrer Haltung bestätigt, die Bibel als »Märchenbuch« zu sehen.

Man scheint also absichtlich die Diskussion um die Glaubwürdigkeit der Bibel gar nicht mehr führen zu wollen. Babel hat gesiegt, Merchandising-Produkte hatten den Aufdruck: »Keine Hure«, »Kein König«, »Kein Gott« – Mythen der Bibel, die von der Wissenschaft scheinbar als Lügen entlarvt wurden. »Babylon ist nicht Babel!« – die wissenschaftlichen Erkenntnisse haben die Bibel widerlegt, so das Fazit der Ausstellung.

Wenigstens war die Ausstellung ehrlich genug, den Vergleich anzustellen: »Berlin – Babylon«. Hier geht es allerdings hauptsächlich um den »Sündenpfuhl Berlin«, der die »dekadente, sich in fragwürdigen Vergnügungen betäubende Berliner Nachkriegsgesellschaft« zeigt sowie um die gewaltigen Bauunternehmungen nach der Wiedervereinigung.(Mythos, S. 215)

Viel weiter gehen hier pfingstlerische Christen, die in den Hauptsehenswürdigkeiten des Pergamonmuseums den »Thron Satans« und das »Höllentor« sehen. Im dort ausgestellten Ischtar-Tor sehen sie »Babylons Symbol des Judenhasses«. Der berühmte Pergamonaltar, ein Heiligtum des Zeus, ist in Offenbarung 2,13 wiederzufinden, wo an die Gemeinde Pergamon der Satz gerichtet ist: »Ich weiß, wo du wohnst: da, wo der Thron des Satans ist.« Die erwähnten Christen sehen die Anwesenheit dieser Bauwerke in Berlin unter anderem als Erklärung des Unheils, das von Hitler-Deutschland ausging. In Nürnberg habe sich Hitler auf dem Reichsparteitagsgelände eine Reproduktion des Pergamon-Altars, des Sitzes Satans, geschaffen. Von hier aus habe er den Tod für die Juden verfügt. (Prophetic Vision 1999)

Der Fall des Babylon-Systems

»Danach sah ich einen andern Engel herniederfahren vom Himmel, der hatte große Macht, und die Erde wurde erleuchtet von seinem Glanz. 2 Und er rief mit mächtiger Stimme: Sie ist gefallen, sie ist gefallen, Babylon, die Große, und ist eine Behausung der Teufel geworden und ein Gefängnis aller unreinen Geister und ein Gefängnis aller unreinen Vögel und ein Gefängnis aller unreinen und verhassten Tiere. 3 Denn von dem Zorneswein ihrer Hurerei haben alle Völker getrunken, und die Könige auf Erden haben mit ihr Hurerei getrieben, und die Kaufleute auf Erden sind reich geworden von ihrer großen Üppigkeit.« – Offenbarung 18 (hier die Verse 1–3) beschreibt den Untergang Babylons. Wie wir gesehen haben, manifestiert sich die Auflehnung gegenüber Gott in Babylon besonders. Die Stadt ist das Bild für die menschliche Überheblichkeit, die sich seit Eva und Kain im Kern des Menschen befindet. Babylon ist ein Symbol dafür, dass sich der Mensch mit seinem ihm vom Schöpfer zugedachten freien Willen dem Rat Gottes widersteht und denkt, es auf seine eigene Weise besser zu machen.

Künftiges Zorngericht über Babylon. Darstellung nach Jesaja 13.

Sie ist gefallen, Babylon die Große. Das galt für Nimrod, Nebukadnezar, Alexander, Hussein, auch für Hammurabi, Darius und Saladin. Vielleicht gilt das eines Tages auch für den ideologisch manipulierenden Mainstream der Wissenschaft. Und für den abtrünnigen Menschen und die heute mehr denn je überhand nehmende Gottlosigkeit.

Gott bleibt Sieger! Dies ist das Ende der Offenbarung und der Bibel. Der ersten Schöpfung ganz am Anfang folgen die Auflehnung im Sündenfall, im Brudermord und im babylonischen Turmbau. Dem Fall Babels wird Gottes neue Schöpfung in der Zukunft folgen – eine Spiegelung der Heilsgeschichte. Und die Gläubigen werden das strahlende Herabkommen des himmlischen Jerusalem – des Gegenstücks des antigöttlichen Babylons– mit glänzenden Augen empfangen.

Alle, die sich mit den Herrschern von Babel und mit den Bauherren heutiger Türme einen Namen gemacht haben, werden vergangen sein, wenn nur noch der Name unseres Gottes bestehen geblieben sein wird. Jesus Christus wird am Ende sein, wie er auch am Anfang war: »Ich bin das A und das O, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende.« (Offenbarung 22,13)