Sinai – Berg der Zehn Gebote

»Etwa zwei Monate« (2. Mose 19,1) nach dem Auszug aus Ägypten schlugen die Israeliten ihr Lager am Berg Sinai auf. Mose stieg hinauf und erhielt von Gott die Zehn Gebote.

Bibelkritische Wissenschaftler führen die unterschiedlichen Bezeichnungen Sinai und Horeb, die im 2. Buch Mose verwendet werden, auf verschiedene Überlieferungszweige und somit auf verschiedene Autoren des Mosebuchs zurück. Genauso gut kann der hebräische Name Horeb aber auch von Mose selbst als Autor parallel zur nichtsemitischen Ortsbezeichnung Sinai verwendet worden sein.

Traditionell wird dieser Berg mit dem Dschebel Musa gleichgesetzt, dem Mose-Berg auf der ägyptischen Halbinsel Sinai, an dessen Fuß sich seit dem 6. Jahrhundert das Katharinenkloster befindet. Berg und Kloster sind heute viel besuchte Pilgerorte. Der Mose-Berg ist 2285 Meter hoch und damit der höchste Gipfel des Sinai-Massivs. Bei einem Aufstieg vom Katharinenkloster müssen fast 4000 Stufen und bis zum Gipfel 757 Höhenmeter bewältigt werden, den flacheren Teil kann man auf dem Rücken eines Kamels zurücklegen. Auf dem Gipfel befindet sich eine Moschee aus dem 12. Jahrhundert sowie eine 1934 neu errichtete Kapelle, die ursprünglich 532 erbaut wurde. Im Winter ist der Gipfel teilweise schneebedeckt.


Auf dem Dschebel Musa den Sonnenaufgang erleben: Viele Pilger machen sich mitten in der Nacht auf den Weg zum Gipfel.

Koordinaten:
Dschebel Musa: 28.5390N, 33.9749E
Katharinenkloster: 28.5559N, 33.9758E

Das Kloster am Fuß des Sinai

Das Katharinenkloster, von dem aus Touristen ihre Gipfel-Expeditionen starten, wurde zwischen 548 und 565 gegründet. Hier befinden sich die Reliquien der Katharina von Alexandrien. Sie wird als Heilige verehrt und soll um 300 n. Chr. eine Königstochter aus Zypern gewesen sein, die im ägyptischen Alexandria lebte. Außerdem wird Moses Brennender Dornbusch im griechisch-orthodoxen Kloster gezeigt. Wahrscheinlich siedelten schon vor der Befestigung durch Klostermauern Mönche an der historischen Stätte, erwähnt wird dies beispielsweise in den Reiseerzählungen einer Nonne aus dem 4. Jahrhundert. Die Basilika im Katharinenkloster gilt als älteste Kirche der Welt.


Katharinenkloster: 28.5559N, 33.9758E – Sichthöhe: etwa 1,8 Kilometer. Innerhalb der mächtigen Mauern des Klosters befindet sich die Basilika der Verklärung (1), eine Moschee (2) mit Minarett (3) sowie der Mosesbrunnen (4) und der Brennende Dornbusch (5) mit einer kleinen Kapelle als heiligstem Ort des Klosters. Der Zugang (6) ist in der nördlichen Mauer, das antike Haupttor (7) ist geschlossen. Außerhalb der Klostermauern befinden sich ein Pilgerfriedhof und die Klostergärten.

Der islamische Prophet Mohammed soll mehrmals im Kloster zu Gast gewesen sein und schrieb einen Brief, in dem er dem Kloster Sicherheit garantierte. Diese Garantie wurde von allen muslimischen Herrschern anerkannt und so wurde das Kloster niemals überfallen. Wahrscheinlich trug auch die Existenz einer Moschee aus dem 11. Jahrhundert innerhalb der Klostermauern zu dieser Sicherheit bei. Sie wurde für die muslimischen Beduinen der Gegend eingerichtet. Der Schutzbrief Mohammeds liegt heute im Museum in Istanbul, das Kloster selbst hat nur eine Kopie.

Nach dem Vatikan beherbergt das Katharinenkloster die zweitgrößte Sammlung christlicher Handschriften, darunter war bis 1859 auch der berühmte Codex Sinaiticus, eine der wertvollsten existierenden Bibelhandschriften. Der Leipziger Theologe Konstantin von Tischendorf (1815 bis 1874) war zum ersten Mal 1844 auf der Suche nach alten Bibelhandschriften in den Orient gereist und forschte auch in der Bibliothek des Katharinenklosters. Der Zustand vieler wertvoller Dokumente war schockierend: verklebt und von Würmern zerfressen. Und, der Bericht klingt fast zu spektakulär, um wahr zu sein: Einen Tag vor seiner Abreise entdeckte Tischendorf im Abfallkorb Pergamentblätter mit Seiten aus der Septuaginta, der griechischen Übersetzung des Alten Testaments, die aus dem 4. Jahrhundert stammten und verbrannt werden sollten – keiner der Mönche hatte die Texte entziffern können. Tischendorf rettete die Blätter und bei späteren Besuchen im Kloster beförderte er noch weitere Teile des Codex ans Tageslicht. Ein Juwel für die Bibelforschung: Der Codex Sinaiticus ist die älteste vollständige Handschrift des Neuen Testaments und enthält zudem große Teile des Alten Testaments.

Die Angaben widersprechen sich darin, wie die Bibelseiten in Tischendorfs Besitz gekommen sind: Das Kloster wirft ihm Diebstahl vor und fordert die Handschrift zurück. Nach einigen Briefen Tischendorfs deutet aber alles darauf hin, dass er sie rechtmäßig erworben hat. Sie gelangten nach Sankt Petersburg (Leningrad) und 1933 nach London. Die britische Regierung zahlte für den Codex 100.000 Pfund an Stalin. Der Codex Sinaiticus ist heute in der British Library ausgestellt, weitere Teile befinden sich noch in Sankt Petersburg und auch in Leipzig sowie im Katharinenkloster, wo 1975 nach einem Brand sogar noch weitere Seiten in einer versteckten Kammer gefunden wurden.


Begehrtes Reiseziel: Jährlich besuchen etwa 50.000 Touristen und Pilger das Katharinenkloster.

WEITERE KOORDINATEN IN ÄGYPTEN:
Gizeh: 29.9769N, 31.1334E
Kairo: 30.0478N, 31.2335E
Theben (Luxor und Karnak): 25.7380N, 32.6067E
Alexandria: 31.2272N, 29.9571E
Memphis: 29.8496N, 31.2545E
Abu Simbel: 22.3369N, 31.6256E
Heliopolis (das biblische On): 30.1291N, 31.3045E
Tanis: 30.9774N, 31.8804E
Kadesch Barnea: 30.6877N, 34.4948E