Jedes Jahr tauchen über Ostern diesselben Fragen auf: Stimmt das eigentlich mit diesem Jesus Christus? Hat er gelebt? Wurde er gekreuzigt? Ist er tatsächlich auferstanden? Und auch Christen fragen sich: Gibt es irgendwelche Beweise für diese Geschehnisse oder glauben wir das einfach?
Vor wenigen Tagen erschien ein Artikel unter der Überschrift »Top Ten der Entdeckungen im Zusammenhang mit Ostern« (Bible Archaeology Report: Top Ten Discoveries Related to Easter). Ich möchte im folgenden Beitrag die (meiner Meinung nach) wichtigsten zwei daraus vorstellen – und füge noch ein weiteres archäologisches Fundstück hinzu, die in diesen »Top Ten« fehlt.
Ich war schon oft in der Grabeskirche in Jerusalem, aber schon über 20 Jahre nicht mehr an den »heiligsten« Orten in ihrem Inneren. Entweder fehlte die Zeit oder die Geduld, sich in die langen Schlangen einzureihen, die sich vor der Grabkapelle oder vor dem Golgatha-Felsen normalerweise bilden. Zudem ist diese Kirche für evangelisch geprägte Christen zu fremdartig, zu überladen, zu überfüllt – meine Mitreisenden in den letzten Jahren fühlten sich in der Erlöserkirche oder im Gartengrab viel mehr angesprochen.
Und doch ist aller Wahrscheinlichkeit nach die Grabeskirche der historische Ort, an dem Jesus gestorben ist, begraben wurde – und sein Grab nach der Auferstehung wieder verlassen hat. Und so freute es mich an Ostern 2024 besonders, dass ich auf ein Jahr zurückblicken kann, in dem ich (im April 2023) den Golgatha-Felsen angefasst habe und (am 31. August 2023, genau sieben Monate vor dem diesjährigen Ostersonntag) mit meinem Sohn im Inneren der Grabkapelle war – Selfie inklusive!
Ich denke nicht, dass es einem Vorteile bringt – Punkte im Himmel oder ähnliches – aber für mich ist es doch immer wieder etwas Besonderes, mich an Stellen zu befinden, die authentisch sind, an Orten, an denen Ereignisse der Bibel »in echt« stattgefunden haben – auch wenn sie noch so sehr mit Altären, Kerzen und Marmorplatten überbaut sind und die anderen Pilger neben mir so völlig anders ticken. Einen schönen Einblick hierzu gibt übrigens die Filmdokumentation »Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen«, die ich an Karfreitag angeschaut habe: Faszinierend, wie die sechs verschiedenen Konfessionen sich die Grabeskirche teilen, nebeneinander und gegeneinander beten, Gottesdienste feiern und sich manchmal handgreiflich bekämpfen. Den Schlüssel zur Kirche hüten seit Jahrhunderten Muslime!
Die Grabeskirche wurde im vierten Jahrhundert unter Kaiser Konstantin dem Großen erbaut, seine Mutter Helena hatte nach der Legende das Kreuz Jesus gefunden und den durch die Römer errichteten heidnischen Tempel über dem Jesus-Grab entfernen lassen. Konstantin wurde Christ und das Römische Reich übernahm bald darauf das Christentum als Staatsreligion.
Dort, wo sich die Grabeskirche befindet, war einst ein riesiger Steinbruch außerhalb der Stadtmauern Jerusalems im ersten Jahrhundert. Für seine üppigen Bauprojekte hatte Herodes viel Kalkstein abbauen lassen. Die Reste des Steinbruchs waren zu einem jüdischen Friedhof geworden. Der neue Film »INRI – Warum musste Jesus sterben?« mit dem deutschen Archäologen Dieter Vieweger erklärt die neuen Erkenntnisse der Ausgrabungen unter der benachbarten Erlöserkirche. (Allerdings stellt die Dokumentation eine sehr »weltliche« Sicht auf Jesus dar.)
Während Restaurationsarbeiten im Jahr 2016 wurde das Innere der Grabkapelle untersucht und alle wissenschaftlichen Erkenntnisse bestätigten die Geschichtsschreibung bezüglich der Grabeskirche. Dass sich hier der Ort des (leeren) Grabs Jesu befindet, ist sehr wahrscheinlich!
In den Top Ten des »Bible Archaeology Report« fehlt der sogenannte »Titulus Crucis«: die Holztafel, die laut übereinstimmender Überlieferung der Evangelien oben am Kreuz Jesu befestigt war. Die bereits erwähnte Legende Helenas erwähnt, dass sie das Kreuz Jesu in einer Zisterne gefunden hat (auch dort befindet sich unter dem Dach der Grabeskirche eine Kapelle). Die Echtheit des Kreuzes Jesu hat sie selbst durch die Tafel mit der Inschrift identifiziert, die heute gewöhnlich mit »INRI« abgekürzt wird.
Über »Helena und das Kreuz« habe ich bereits vor Jahren einen ausführlichen Artikel geschrieben. Darin erkläre ich die ganze Geschichte dieser eindrucksvollen Frau und auch die Tafel, deren Inschrift von Forschern wie Carsten Peter Thiede und Michael Hesemann sehr genau untersucht wurde: »Vieles spricht aufgrund der erhaltenen Buchstaben dafür, dass sie authentisch ist. Die Art des Schreibens passt in die Zeit Jesu. Dem Schreiber ist ein bemerkenswerter Fehler unterlaufen: Er hat die lateinische und griechische Zeile – ebenso wie die hebräische – von rechts nach links geschrieben! Es ist unwahrschenlich, dass dies einem Fälscher passiert wäre, der sich an den Evangelien orientiert hätte.« – Auf einer Reise nach Rom im Jahr 2005 habe ich die Tafel mit eigenen Augen gesehen und fotografiert. Sie befindet sich in einem Reliquienschrein in der Kirche »Santa Croce de Gerusaleme«.
Ist das Grabtuch von Turin »Eine Momentaufnahme der Auferstehung?« – Auch über diesen geheimnisvollen Gegenstand habe ich einen Artikel geschrieben. Vor zwei Jahren habe ich zusätzlich einen YouTube-Beitrag darüber aufgenommen.
Die berühmte Reliquie ist 4,36 Meter lang und 1,10 Meter breit. Das Tuch besteht aus Leinen, gewebt in charakteristischem Fischgrätmuster. Im Laufe der Geschichte hat das Grabtuch gelitten und einige Zerstörungen fallen sofort ins Auge: Ein Brand im Jahr 1532 hätte das Tuch fast zerstört. Das Besondere am Grabtuch ist das Abbild eines männlichen Körpers, der in seiner vollen Länge – sowohl von vorne wie auch von hinten – zu sehen ist. Nach Schätzungen von Forschern war der Mann etwa 1,75 bis 1,80 Meter groß, knapp 80 Kilogramm schwer und 30 bis 35 Jahre alt. 1898 machte der Amateurfotograf Secondo Pia das erste Foto. Als er die Fotoplatten entwickelte, rief er schockiert: »Mein Gott, ich blicke in das Antlitz des Herrn!« – Das Gesicht des Mannes auf dem Grabtuch sieht im Negativ außergewöhnlich lebensecht aus. Neben dem negativen Körperbild befinden sich Blutspuren auf dem Tuch, die zu den Wunden eines Gekreuzigten passen. Wie gelangten Körperbild und Blutspuren auf das Tuch? Diese Frage hat schon viele Forscher beschäftigt und mein Artikel nimmt das Tuch ausführlich unter die Lupe – und erzählt, wie ich es ebenfalls – am 10. Mai 2010 – mit eigenen Augen gesehen habe. Die Abbildung stammt von einem eigenen Foto, aus ich mit Photoshop ein Negativ erstellt habe.
Ist das Turiner Grabtuch echt? Die Gegenfrage lautet: Was ist das Grabtuch, wenn es nicht echt ist? Was könnte es sonst sein, als das Grabtuch Jesu, auf das sich auf unerklärliche, vielleicht übernatürliche Weise ein Bildnis eingebrannt hat, das uns bis heute eine offenbar gekreuzigte Gestalt zeigt?
Jesus hat gelebt und wurde in Jerusalem gekreuzigt. Das ist sicher und daran zweifeln auch Skeptiker wie die Macher von »INRI – Warum musste Jesus sterben?« nicht. Aber ist er auch auferstanden? – Auch hier eine Gegenfrage: Wenn Jesus nicht der Sohn Gottes gewesen wäre, der bereits wusste, dass er sich für die Menschheit opfern würde, wäre er dann mit seinen Provokationen tatsächlich so weit gegangen? Hätte er sich für eine naive Idee, für eine fanatische Ideologie ans Kreuz nageln und so unfassbar grausam hinrichten lassen?
Jesus ist wahrhaftig auferstanden! – Diese Tatsache hat seine Jünger bestärkt, weiterzumachen, diese Tatsache hat später Paulus dazu bewegt, als Christenfeind umzukehren und diesem Jesus Christus nachzufolgen. Er hat sich auf diese Tatsache und die zahlreichen Augenzeugen berufen, um das Evangelium im ganzen Mittelmeerraum zu verbreiten. Er war sicher, dass Jesus »auferweckt worden ist am dritten Tage nach der Schrift; und dass er gesehen worden ist von Kephas, danach von den Zwölfen. Danach ist er gesehen worden von mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal, von denen die meisten noch heute leben« (1. Korinther 15,4–6).
Später überzeugte die Tatsache der Auferstehung auch Helena und ihren Sohn Konstantin – und seither Millionen von Pilgern aller Schattieren, die in der Grabeskirche anzutreffen sind. Und Jesus-Gläubige aus allen Nationen feiern seit fast 2000 Jahren jedes Jahr aufs Neue an Ostern seine Auferstehung und rufen sich zu: »Christus ist auferstanden! – Er ist wahrhaftig auferstanden!«
Man darf aus guten Gründen glauben, dass diese Auferstehung eine Tatsache ist.
Timo Roller